Aus Cordoba kommend war klar, wir wollten zurück ans Meer. Wir hatten uns mit Hilfe gängiger Apps einen Stellplatz gesucht der schon in den Beschreibungen toll klang und es war ein kleines Paradies. Die Beschilderung führte uns auf eine Art kleinen Parkplatz bei dem wir dachten, ok, und wo ist jetzt der Platz? Wir konnten einen kleinen Weg erkennen, aber sollte das die Zufahrt sein? Nun gut, wir versuchten es. Ein schmaler, von Palmen gesäumter Weg, gerade breit genug für den „Dicken“, folgte. Wir sahen zwei weiße dicke Pfeiler und ein großes gusseisernes Tor mit dem Hinweisschild „We are here, call us“. Wir riefen an und uns wurde Einlass gewährt. 🙂
Während wir darauf warteten das uns weitergeholfen wurde, hörten wir ein „¡Hola! ¡Hola!“. Wir schauten uns um, konnten aber nichts erkennen. Doch nach ein paar Minuten war klar, direkt neben uns war ein Papagei, der uns mit einem dauernden „¡Hola!“ begrüßte.
Wir lachten, suchten uns einen tollen Platz und packten aus. Der Platz gehörte einer Familie die sich auch um alte Tiere kümmern, es gab ein Pferd namens „Hungry“, zwei Esel, Hühner, Pfaue, Hunde, Katzen und besagten Papagei Ana.
Wir konnten es kaum glauben, überall standen Avocadobäume, wir parkten sogar direkt unter einem, die Blumen erstrahlten in den wildesten Farben und rochen betörend und sogar Bananenbäume waren zu finden. Obwohl auch hier tagsüber die Straße hörbar in Reichweite war, fühlten wir uns sehr wohl.
Das Meer war direkt auf der anderen Straßenseite, also los, wir hatten es doch sehr vermisst. Der erste Eindruck war eher ernüchternd. Sind das Kleingärten? Wohnen da Leute? Warum macht man denn so etwas direkt gegenüber vom Strand? Gemeint waren kleine, mit grünen Sonnensegeln abgezäunte Parzellen die bei geschlossenen Toren nicht direkt Aufschluss darüber gaben, was dahinter vor sich ging. Schön ist irgendwie anders. Dann kamen wir, wie schon so häufig zuvor, an noch geschlossenen Hotels vorbei. Auch nicht unbedingt das was wir sehen wollten, aber immerhin eine erste kleine ganz schöne Bucht, vielleicht sollte es ja doch ganz nett hier werden. Noch konnten wir uns nicht vorstellen eine Woche zu bleiben. Aber was hatten all die Leute gemeint, wenn sie uns erzählten, wir sollen unbedingt nach Nerja fahren? Nochmal genau gelesen, im Internet geschaut um festzustellen, ah wir sind nicht weit genug gegangen, morgen neuer Versuch.
Und da waren sie die kleinen Lädchen, kleinen Cafés, zauberhaften Gässchen, dieser schöne Ort, teilweise noch verschlossen wie alle anderen Städte und doch waren die Menschen unterwegs und dieses „Hier-müsst-ihr-unbedingt-hin“ ergab auf einmal richtig Sinn. Wir entschieden uns ein paar Tage zu bleiben und machten Pläne. Ausruhen, alle Erlebnisse der vergangenen Tage verarbeiten, neue Blogartikel schreiben, einmal abends in die Altstadt essen gehen und ein weiteres Mal um zu shoppen. Was sollen wir sagen, alles erledigt!
Es war soweit, Granada stand auf dem Plan. Unser Wunschcampingplatz war erneut in den Bergen und es gab eine tolle Busanbindung in die Stadt. Erstmal hieß es jedoch, ab in die Berge, in Serpentinen, 30km/h war die Durchschnittsgeschwindigkeit und hinter jeder Kurve wurde der Blick spektakulärer. Wir erinnerten uns, stand da nicht was von Stausee in der Karte? Da kam er schon der Staudamm und dahinter ein See mit einer unglaublich schönen Farbe, gesäumt von Bergen, ein Traum.
Und dann der Platz, es war der Tag der Wiedereröffnung und man freute sich sichtlich, denn wir waren die zweiten Gäste zum Start in die neue Saison. Die Platzauswahl war riesig, das Gastgeschenk ein kleiner Teller mit der Inschrift „Volvemos Las Lomas 2020“. Auf beiden Seiten war ein großes Dankbarkeitsgefühl zu spüren und wir bezogen voller Vorfreude auf die kommenden Tage unseren Platz. Die Sonne ging unter und etwas später die Lichter der kleinen Dörfer an. Was für eine Atmosphäre, glücklich schliefen wir ein. Am nächsten Tag blieben wir erstmal auf dem Platz, es war mal wieder Zeit für ein bisschen Wäsche waschen und einfach sein. Am Nachmittag wollten wir den Bus nach Granada nehmen, die Erfahrung lehrte uns, die Spanier sind lange auf, schauen wir doch mal was am späten Nachmittag in Granada los ist. Wenn es richtig toll wird, lassen wir den letzten Bus sausen und nehmen später ein Taxi.
Auch hier kam Ernüchterung auf. Die Stadt zeigte schon an einigen Ecken was sie kann, dann kamen wir allerdings in die schönen Straßen, die diesen arabischen Einfluss verströmen sollten, doch 90% der Läden waren noch geschlossen. Eine beklemmende Atmosphäre, ihr ahnt es, wir nahmen den letzten Bus zurück.
Am nächsten Morgen sollte es früh los gehen, wir hatten uns vorgenommen die Alhambra in den Morgenstunden zu erkunden, um 6:40 Uhr ging der Bus. Kaffee und Frühstück wollten wir uns in der Stadt besorgen und auf dem Weg genießen. Wir schlichen also durch die noch ruhigen Straßen den Berg hinauf zur Alhambra. Die Sonne ging über der Stadt auf und tauchte alles in ein stimmungsvolles Licht einer erwachenden Stadt. Rund um die Alhambra ist es unglaublich grün und die Luft ist herrlich auch bei hohen Temperaturen. Diese speziellen Zeiten brachten auch hier das ein oder andere Gute für uns mit, in diesem Fall die Möglichkeit auch kurzfristig Tickets zu bekommen. Man bucht sich eine Uhrzeit für den Nasrid Palast und kann sich dann unbegrenzt lange auf dem kompletten Komplex aufhalten. Wir waren die ersten Besucher des Palastes an diesem Tag. BÄM! Der Versuch, auf Fotos und Videos festzuhalten was dieses Monument erzählt, unmöglich. Aber gut für die Erinnerung. In einem der Palastgärten schweigend sitzen, zwischen Orangenbäumen und Palmen, unbezahlbar. Außer dem Palast haben wir uns noch einen Teil der Gärten, sowie die Generalife angeschaut. Die Alcazaba bleibt für den nächsten Besuch.
So viel gesehen, gelesen, aufgenommen und mit Eindrücken gefüllt war es Zeit für eine Pause in der Stadt. Schon am Tag zuvor hatten wir eine kleine Bodega entdeckt, in einem Viertel das ein wenig an das Schanzenviertel in Hamburg erinnert, also ein ganz kleines bisschen. 🙂 Dort ließen wir den Vormittag bei Flamenquin und Kaltgetränken ausklingen und Granada zeigte schon sehr viel mehr, wie lebensfroh und quirlig es sein kann.
Die Mittagshitze kündigte sich an, ab zum Bus, Zeit für Siesta am Pool.
An der Rezeption hatten wir schon bei der Anreise gesehen, dass hier in der Sierra Nevada Reittouren angeboten werden. Wäre das noch was? Wir entschieden uns spontan dort anzurufen und nachzufragen… Zack gebucht,wir sollten abgeholt werden, am nächsten Morgen 9 Uhr … OMG!
Jetzt ging es also wirklich losgehen! Wir Beide auf einem Andalusier durch die Sierra Nevada!!
Sollten wir hier erwähnen, dass wir das letzte Mal vor über 30 Jahren auf einem Pferd gesessen hatten?
Wir wurden morgens um 9 Uhr von Victor auf dem Campingplatz abgeholt!
Victor ist Spanier, sehr humorvoll, in unserem Alter, mit viel Bauch ausgestattet und ihm gehören sieben wunderschöne Pferde und ein fantastisches Grundstück mitten in den Bergen!
Er begrüßte uns in kompletter Montur! Reitstiefel, Hemd, Reithose…
Es wurde ernst und uns war mulmig. Wir fuhren mit seinem Auto immer weiter ins Innere der Berge und Serpentinen hinauf! Spektakulär schon jetzt der Blick, aber es sollte noch spektakulärer werden.
Auf dem Weg pickte Victor noch einen Freund von ihm auf der uns auf der Reittour begleiten sollte. Sein Name war David. Ein Typ in unserem Alter, sympathisch! Wir hatten ein gutes Gefühl.
Dann kamen wir auf seiner kleinen „Ranch“ an. Viktor fuhr an seiner Einfahrt vorbei um rückwärts bergab einzuparken, ansonsten hier in den Bergen, keine Wendemöglichkeit.
Die vier Pferde warteten schon gesattelt auf uns. Was für ein Fleckchen Erde! Es blieb nicht viel Zeit zum Staunen. Wir gingen in den Schuppen, bekamen unsere Reitkappe, ließen unseren Rucksack dort und schon hieß es aufsitzen!
Victor holte einen Tritt (und plötzlich fühlt man sich alt) und half uns auf die Pferde. Sie hießen Curro und Tachenko… so schön. Ich glaube zu diesem Zeitpunkt waren wir Beide etwas blass um die Nase… wir saßen wirklich auf zwei großen Pferden und sollten nun durch die Sierra Nevada reiten.
Victor war allerdings super, mit einem fantastischen Humor. Er nahm uns sofort alle Ängste und so ritten wir hinter ihm her.
Nun folgten zwei Stunden Ausritt. Zuerst auf einem Feldweg, an Korkeichen, Kirschbäumen (wenn Victor keine Touren macht, bewirtschaftet er eine riesige eigene Kirschplantage) und Olivenbäumen vorbei. Alles ganz entspannt. Dann sagte Victor wir gehen abseits des Weges, querfeldein oder besser gesagt quer-berg-ein!
Ich schaute ungläubig! Wie jetzt? Er sagte, bitte an dem weiteren Zügel, der am Hals der Pferde hing festhalten fürs Gleichgewicht und falls die Pferde anfangen zu traben oder galoppieren, einfach „Ho“ sagen und am Zügel ziehen!!!
Entschuldigung? Warum können wir denn nicht einfach weiter auf dem Feldweg reiten?
Wir wurden erneut blass im Gesicht. Aber wir befanden uns bereits auf dem Aufstieg…
Curro und Tachenko machten das großartig mit uns. Wir vertrauten ihnen mehr und mehr und fühlten uns nach wenigen Minuten ein bisschen wie Lucky Luke!
Wir begegneten hier niemandem mehr und ritten immer weiter nach oben. Was für ein Ausblick, was für ein Gefühl. Es ging von ca. 1200m auf 1600m hoch und wir genossen jeden Meter auf dem Rücken der Pferde.
Nach zwei Stunden kamen wir glücklich und voll mit Endorphinen auf der Ranch an. Victor bat uns in seinen Garten. Wir wussten nicht, was jetzt noch kommt. Dann holte er eine Flasche Prosecco aus dem Schuppen und seine Frau brachte einen Teller mit regionalen Köstlichkeiten (Käse, Salami, Chorizo und natürlich Kirschen). Eine zauberhafte Gastfreundschaft. Wir tranken auf unseren ersten Ausritt und blieben noch ein Stündchen in seinem Garten.
Dabei kamen wir intensiver mit David ins Gespräch, der uns ja begleitet hatte. Es stellte sich heraus, das David Profi-Snowboarder ist und aufgrund von Corona vor ein paar Wochen aus Japan zurückgekehrt war, wo er an einer Competition teilgenommen hatte. Er hatte viele spannende Geschichten zu erzählen und wir beschlossen am gleichen Abend mit ihm im Dörfchen noch ein paar Tapas zu essen und noch etwas weiter zu quatschen.
Mit all den Eindrücken vom Ausritt legten wir uns am Nachmittag an den Pool! Wie so oft in den letzten Wochen, konnten wir es nicht glauben und waren glücklich und erschöpft von der Erfahrung.
Wir hatten uns für 21 Uhr mit David verabredet und er holte uns vom Campingplatz ab.
Das Dörfchen Güéjar-Sierra war nur ein paar Minuten von unserem Platz entfernt. Wir hatten allerdings keine Ahnung, ob es dort überhaupt ein paar schöne Cafés und Bodegas geben würde. David lebt hier seit einigen Jahren, kommt ursprünglich aus Barcelona und konnte uns somit sein Dörfchen zeigen.
Von Tourismus keine Spur. Alles Spanier um uns herum und eine Kneipe an der anderen. David erzählte uns, dass es bezogen auf die Einwohnerzahl doppelt so viele Bodegas gibt! Er hatte recht. Ein herrlicher Dorfplatz, Gitarre spielende Spanier und mitten im Gespräch tauchten im Dorf zehn Reiter samt Pferd auf, auf dem Weg zum nächsten Bier. Wo die ihre Pferde stehen lassen, wenn sie abends Bier trinken gehen? Keine Ahnung.
Es wurde ein spannender Abend mit Geschichten aus Katalonien, Davids Heimat und spanischer Kultur.
Was für ein Tag, wir fielen dankbar ins Bett!
David und Victor hatten tolle Geschichten zu Ausritten und Wanderungen in der Sierra Nevada erzählt und wir waren schon ein bisschen angefixt. Immerhin waren die Berge selbst von unserem Campingplatz schon sehr beeindruckend. Dort zu reiten und die schneebedeckten Gipfel im Hintergrund machten Lust auf eine Wanderung. Ein Aufstieg auf den Pico del Veleta den dritthöchsten Berg des spanischen Festlands mit 3396 Metern über dem Meeresspiegel sollte laut den beiden Herren ohne Probleme möglich sein. Ist das was für uns? Jetzt sind wir schon mal hier? David hatte auch direkt Tipps für uns, wir könnten am Startpunkt der Wanderung frei stehen und das vielleicht sogar fast alleine. Freistehen in den Bergen?! Okay, komm schon, wir fahren da hoch und schauen uns das an. Wenn es nichts für uns ist, können wir immer noch weiter oder zurück, wir haben ja alle Optionen.
Erst ging es über schmale Straßen bergauf, dann kamen wir auf die Autostrada die direkt von Granada nach oben führt, erstes Schild 1500m. Okay, weiter ging es. Die Aussicht auch hier, atemberaubend schön. Das Wetter war gut, wir konnten weit schauen. Es ging höher und höher, nächstes Schild 2000m. Wir wussten, der Stellplatz ist auf 2550m. Ein bisschen was kommt also noch. Dann tauchte das extra für den Wintersport gebaute Städtchen auf, man glaubt in diesem Moment nicht, noch in Spanien zu sein. Eine fast perfekte Kopie österreichischer Skiorte, ziemlich skurril. Allerdings überhaupt nicht auf Sommertourismus ausgelegt. Alles in allem war es nicht ganz unser Geschmack, aber für uns ging es ja auch noch ein bisschen weiter bergauf bis zu dem Platz wo wir schlafen wollten. Doch bevor wir weiterfuhren trauten wir unseren Augen nicht. Wir kamen an einer Sporthalle vorbei und auf einmal schauten da Steinböcke um die Ecke. Und zwar eine ganze Herde. Das gibt es doch nicht, fast mittig in diesem Städtchen stehen da plötzlich Steinböcke.
Wir fanden das perfekte Plätzchen, direkt zwischen zwei weiteren Vans parkten wir am Straßenrand mit Blick ins Tal und wie sich am Abend herausstellen sollte, mit Blick auf das Ski-Städtchen und vor allem Granada.
In die andere Richtung sahen wir den Gipfel den wir am nächsten Tag besteigen wollten. Wir gingen früh ins Bett, wir wollten früh los. Es wurde dunkel und still, bis auf ein paar Kuhglocken.
Am nächsten Morgen, Kühe direkt vor dem Fenster, auf der anderen Seite Wildpferde und ein Auto nach dem nächsten kam den Berg hoch.
Es war Wochenende, Radsportler wie Wanderer starteten früh in den Tag. Noch schnell ein Kaffee, ein bisschen Zucker und los mit uns. Knappe 900 Höhenmeter und vielleicht gute 4 Stunden Aufstieg lagen vor uns. Es führte eine Straße bis fast nach oben, wer der folgt, braucht länger, Serpentinen sei Dank. Zwischendurch gibt es querfeldein Abkürzungen die auch etwas mehr Wandergefühl aufkommen lassen als auf der Straße zu gehen, wir nahmen also die Abkürzungen. Auf knapp 3500m Höhe der erste Schnee. Kurze Pause und weiter. Es sieht alles immer so nah aus und dann eine Wendung und noch eine Wendung, am Ende standen wir nach 3,5 Stunden oben am Gipfelkreuz. Entspannte Stimmung unter allen Wanderern. Wir saßen auf den Steinen, genossen die Aussicht bis zum Mittelmeer und konnten nicht fassen das wir das gemacht hatten. Wie immer, der Abstieg ist leichter, wir nahmen noch eine Abkürzung mehr und standen nach weiteren 2,5 Stunden wieder am „Dicken“. K.o. und einfach nur glücklich saßen wir an der Seitentür des Dicken, schauten in den Sonnenuntergang, sahen das Erstrahlen der Städte und Dörfer in der aufgehenden Nacht. Nach dieser Nacht war es wirklich an der Zeit weiterzuziehen.
ich bin mal wieder hellauf begeistert……wunderwunderschöne bilder.. unglaubliche abenteuerliche geschichten…was erwartet euch noch so alles auf eurer reise…..viel viel spass weiterhin und ganz viel glück und gesundheit..love mama
Danke, für diesen tollen Bericht. Man hat immer das Gefühl alles zu riechen, zu schmecken, zu spüren ……einfach dabei zu sein.
Lieben Gruß
Petra
Liebe Petra, es macht uns auch viel Spaß euch teilhaben zu lassen und noch schöner wenn es so ist, wie du schreibst. Liebe Grüße Anke & Anke