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Ein lang gehegter Wunsch von uns war es, in diesem Sabbatical Kitesurfen zu lernen. Endlich mal länger Zeit haben, sich einer Sportart voll und ganz zu widmen und es richtig zu lernen. Der Zeitpunkt war jetzt gekommen. Der nächste Stopp sollte Tarifa sein. Mekka für Kite- und Windsurfer aus der ganzen Welt. Ein paar Spanier hatten uns einen netten Platz in Valdevaqueros empfohlen und so machten wir uns aus den Bergen in Richtung südlichsten Punkt Europas auf. 3,5 h Autofahrt zu dem Ort, wo Atlantik und Mittelmeer aufeinandertreffen.
Der „Dicke“ hatte wieder einiges an Kilometern und Höhenmetern zu bewältigen und machte auch schon kurz nach dem Losfahren auf sich aufmerksam.
Mal wieder eine blinkende Anzeige im Cockpit. Dieses Mal wollte er, dass wir Öl nachfüllen, also nicht so schlimm. Kurzer Stopp an der Tankstelle, nochmal die Väter um Rat gefragt und dann Öl nachgefüllt.
Es konnte weitergehen.
Kurz bevor man Tarifa über die Nationalstraße kommend erreicht, erblickt man den Fels von Gibraltar. So viel darüber gehört und dann ist man plötzlich da. Am südlichsten Teil von Europa. Afrika nur gute 14 km über das Meer entfernt. Marokko am Horizont zu sehen. Weiter von Zuhause werden wir in diesem Roadtrip nicht entfernt sein. Ein beeindruckender Moment. Noch einmal um die Ecke gefahren, sahen wir bereits den Stadtstrand von Tarifa. Die ersten Werbeplakate an der Straße machen klar wo man ist. Eine Surfermarke nach der nächsten wird hier angepriesen. Hier dreht sich „fast“ alles ums Surfen, egal ob Windsurfen, Kiten, Wellenreiten, SUP oder was es sonst noch an Wassersportarten gibt.
Wir fuhren an der Stadt vorbei in Richtung Campingplatz, das Meer immer auf der linken Seite. Und dann kommt das Bild, dass man in vielen Berichten bereits gesehen hat. Am Himmel tauchen sie auf, hunderte von Kiteschirmen in den buntesten Farben… ein faszinierendes Bild. Direkt am Meer liegen hier einige Campingplätze und viele kleine Bungalows und Surfcamps. Wir fuhren auf unseren empfohlenen Platz.
Nachdem wir den Campingplatz besichtigt hatten, wollte sich allerdings unser Bauchgefühl nicht so richtig hier niederlassen. Wir entschieden uns, zwei weitere Plätze anzuschauen, bevor wir definitiv blieben.
Wie sehr wir uns mittlerweile auf unser Bauchgefühl verlassen können, stellte sich nur kurze Zeit später heraus.
Der zweite Platz war ein Traum, wir hatten uns schon entschieden. Zur Sicherheit noch einmal den dritten Platz angeschaut, doch es war klar. Wir bleiben in Torre De la Peña!!

Es folgte der obligatorische Rundgang zu Fuß über den Platz um ein schönes Fleckchen für den „Dicken“ zu finden. Hier erschien es uns perfekt: Unter Bäumen, Platz für die Hängematte, Blick aufs Meer und auf Marokko. Bei der Anfahrt stellte sich dann allerdings schnell raus, einfach drauf fahren ist nicht. Irgendwie hatten wir die Länge und Höhe des „Dicken“ unterschätzt. Die Straße war plötzlich zu schmal und die Bäume standen auch etwas dichter als es vorher aussah. Ok, tief Luft holen und rangieren. Drei Versuche später, der Nachbar schaute schon gar nicht mehr hin, dann die Entscheidung, einmal im Rund fahren und dann über den gegenüberliegenden Zeltplatz geradeaus auf unseren Platz steuern. Aber auch das war nicht so einfach. Man hörte uns rufen: Achtung Baum links, Ja das passt oben, Jetzt ausholen, Stop, Nochmal zurück, Vorsichtig vor, Nicht ganz einschlagen, Ja so, Jetzt aber, drin!
Klar war, oft werden wir hier nicht Ein- und Ausparken in den kommenden zwei Wochen.

Soviel Zeit wollten wir uns nehmen, stand doch ein Kitekurs oder mehr auf dem Plan. Doch es kam anders, ganz anders, als gedacht. Kaum saßen wir vor der kleinen Chiringuito, die sich direkt an unserem Platz befand, mit Blick auf Marokko und Tinto de Verano in der Hand, kam ein Windsurf-Lehrer mit seinen Schülern ins Wasser.
Hm?!, Kids aufs Board, Segel hoch und zack ging es los, sah gut aus und einfach, auch wenn es windig und wellig war, wie immer übrigens bis auf sehr wenige Ausnahmen. Sollte es vielleicht doch nicht Kitesurfen sein?
So gut wie jeder der auf diesen Platz kam, packte Boards und Segel aus. Und es sah mehr als geschmeidig aus wenn die Nachbarn so über das Wasser peitschten. Wir sprachen den Windsurf-Lehrer Stephane an. Er schlug uns gleich morgen vor. Gesagt, getan, er kam vorbei, wir lernten etwas über das Equipment, bekamen die Ausstattung, übten an Land und dann hieß es, Helm auf, Sicherheitsweste um und ab ins Wasser und aufs Board. Leider hat dieser Campingplatz keinen Sandstrand (mehr) und so ging es über Steine und Felsen ein paar Meter seitlich, bei Flut ins Wasser. Mulmig war übrigens kein Ausdruck für unser Gefühl. Doch wir wollten wissen ob das was für uns sein könnte. Also, los. Man glaubt es kaum, Segel hochgezogen und losgefahren. Doch dann sollten wir mit dem Board wenden und das führte dann zu einigen Sprüngen ins Wasser. Die Eine von uns spürte beim Sturz ins Wasser das Ziehen im Knie und den Schmerz. Die Andere sah sie winkend auf ihrem Board und es war klar, das sieht nicht sehr gut aus. Damit war es fürs Erste vorbei. Wir kletterten ohne Board über die steinigen Felsen bis in die Chiringuito und der Schock stand uns ins Gesicht geschrieben.
Als Erstes mal Eis drauf. Einige der anderen Windsurfer kamen mit besorgten Nachfragen und gaben uns aufmunternde Ratschläge. Nachdem wir den Neopren, Helm und Schwimmweste abgegeben hatten, war Pause für den Rest des Tages.
Ok, ein etwas holpriger Start in einen neuen Sport ;).
Zum Glück ging Laufen noch, wenn auch nicht gut, das ließ die Hoffnung auf eine Bänderdehnung steigen.
Aber die Begeisterung fürs Windsurfen war geweckt. Was für ein toller Sport, wir wollten mehr. Die eine hatte Pause und die andere ging erneut aufs Board. Wieder mit Stephane aber an einem anderen Strand. Valdevaqueros, mit 10000000000000000000000 Kitesurfern :), dafür aber mit karibischen Bedingungen. Unendlicher Sandstrand und kristallklares Wasser. Und hier lief es schon besser. Es gab nicht so viel Wind und die Wende funktionierte.
Nach zwei Stunden im Wasser tranken wir mit Stephane noch einen Kaffee und trafen eine weitere Schülerin von ihm. Wie es der Zufall wollte, eine Physiotherapeutin/ Osteopatin, die bereits am Folgetag mit ihrem Behandlungstisch bei uns auf dem Campingplatz auftauchte. Konnte man sich ja vorher auch nicht vorstellen. Und dann der Hammer, Bänderanriss und der Meniskus ist auch nicht glücklich. Oh nein, wie lange kann das dauern, ca. vier Wochen und länger. Der Traum vom nochmaligen Windsurfen in Tarifa schien sich in Luft aufzulösen. Nun gut, eine Woche war der Sturz ja schon her, aber noch drei Wochen? Wir beschlossen uns einen Leihwagen zu nehmen, denn auch Fahrradfahren ging nicht mehr. Somit erkundeten wir die Gegend, fuhren traumhafte Strände ab und schauten uns die umliegenden Städte, wie z.B. Conil de la Frontera an.

Immer dabei war der Bikini, denn mit dem Mietauto ist es fantastisch, einfach dicht am Strand zu parken und vor oder nach dem Besuch einer Stadt, einfach mal kurz ins Wasser zu hüpfen. Was für ein Luxus, das Meer immer in Sichtweite zu haben. Lange am Strand liegen ist durch den starken Wind hier unten oft nicht möglich, deshalb hieß es sehr oft: baden, kurz trocknen und dann ab zum Kaffee in die Chiringuito.

Oder aber ab aufs Boot und mit einer Stiftung namens firmm aufs Meer um nach Walen und Delfinen Ausschau zu halten und dann tatsächlich einen Pottwal sehen.
Diese Stiftung wurde von einer Schweizerin in der 70zigern gegründet und und hat sich zum Ziel gesetzt die Tiere in der Strasse von Gibraltar zu schützen.
Wir fuhren mit ca. 30 weiteren Personen am Nachmittag los. Vorher gibt es eine kleinen Vortrag über die Region und die Wale und dann heißt es für 3 Stunden aufs Meer.
Als erstes sahen wir ein paar Meeresschildkröten, die neugierig aus dem Wasser blinzelten und sich bestaunen ließen. Wir fuhren weiter und dann war es soweit. Direkt auf unserer Bootsseite Steuerbord tauchte ein riesiger Pottwal auf um ziemlich schnell mit der riesen Walflosse wieder im Meer zu verschwinden. Gänsehaut pur. Ganz nah an unserem Boot.
Leider hatte die Schweizerin dazu eine etwas traurige Geschichte. Genau dieser Pottwal taucht hier an den Booten auf um um Hilfe zu bitten. Er war nämlich an seiner Schwanzflosse von einem sehr großen Fischernetz umschlungen. Leider konnten an diesem Tag keine Taucher zu ihm, denn die Windverhältnisse ließen es nicht zu. Wir hoffen weiterhin, dass er bis heute Hilfe bekommen hat, vielleicht sogar von anderen Delfinen.
Wir bekamen an diesem Tag zusätzlich noch Grindwale zu sehen und fuhren am Abend sehr glücklich auf unseren Campingplatz zurück.

Ein Folgetermin mit Ruth, der Physiotherapeutin stand bereits fest und wir wollten abwarten wie der Stand war um zu entscheiden, gemeinsames oder getrenntes weiteres Windsurfen. BÄM! Die Übungen, das Kühlen, die Ruhephasen hatten gut getan, die Fortschritte waren wesentlich größer als zu erwarten war. Vielleicht doch keine vier Wochen warten? Die Physiotherapeutin machte Hoffnung, noch ein paar Tage, ein erneuter Check und es könnte vielleicht doch losgehen. Oh oh, wir beschlossen weiter zu bleiben, denn mittlerweile hatten wir eine andere Surfschule gefunden bei der wir sogar eine Grundschein-Lizenz die auch in Deutschland gültig ist, machen können. Und so kam es, die Freigabe kam und wir konnten den Kurs buchen, fünf Tage, zehn Stunden im Wasser und am Ende eine Lizenz! Yippieh!!!!

Gut vorbereitet, mit mittlerweile eigenen Neoprenanzügen und den Surfschuhen kamen wir in der Schule an. Es sollte um 11 Uhr losgehen, also ab in die Neos, Sachen abgeben und los. Mario hieß unser Surflehrer und mit unserem schon bestehenden Vorwissen ging es nicht mehr ganz bei Null los. Wie schön das diese kurzen Versuche uns hier schon direkt weiterbrachten. Diese Surfschule ist ebenfalls am Strand von Valdevaqueros und da wir weiterhin Levante (Ostwind) hatten, mussten wir unsere Segel erstmal ein Stück tragen um nicht direkt in Richtung Düne abzutreiben. Ganz ehrlich, danach kann man dann bei diesen sommerlichen Temperaturen erstmal duschen, oder ins Meer gehen. Wir taten Zweites, nach den schon bekannten Übungen an Land. Segel hochholen, Surfposition einnehmen, Hände an den Gabelbaum, Wind im Segel. Oha, das pfiff ganz gut. Und schon waren wir auf dem Weg ins Wasser. Noch waren nicht viele Surf- und Kiteschulen sowie Kiter im Wasser. Ehe wir uns versahen surften wir schon die ersten Meter. Wow, was für ein Gefühl und tatsächlich klappten auch Halse und Wende schon. Vom Strand wegsurfen ging schon gut, zurück, naja, da schwammen wir auch die ein oder andere Runde mit unserem kompletten Equipment. Aber am Ende der Session, zwei glückliche Ankes und ein begeisterter Surflehrer. Nicht so oft hätte er Schüler die gleich so gut durchstarten. Stolz und k.o. ging unser erster Grundscheinkurstag zu Ende. 5 Tage waren angesetzt und nach 6 Tagen war dann tatsächlich Prüfungstag. Nach Tag 3 hatten wir eine Pause. Die brauchten wir auch. Denn an Tag 2 und 3, wir waren zu gut gestartet und wollten dann auch mehr als eigentlich gut für uns war, gab es neben Glück auch Frustration, Erschöpfung, ein bisschen Wut und Überforderung auf unserer Seite. Was dann leider auch, neben einem gut geforderten und noch nicht ganz fitten Knie bei der einen, eine angeschlagene Schulter bei der anderen mit sich brachte. Die Pause tat Knie und Schulter gut, so das wir die Tage 4 und 5 dann wieder voller Begeisterung hinter uns gebracht haben. Auch wenn Knie, Schulter und auch sonst der Körper dann schon Vorfreude auf das Ende des Kurses zum Ausdruck brachten, surften wir insbesondere am letzten Tag nochmal was das Zeug hält. Der Surflehrer war so lieb und machte Fotos und Videos von uns, damit wir eine tolle Erinnerung mitnehmen konnten. Die Prüfung bestanden wir mit 2 kleinen Fehlern und sind jetzt stolze Besitzerinnen des VDWS-Grundscheins Level 2.
Und damit endete dann auch unsere verlängerte Zeit in Tarifa. Diese wird uns sehr im Herzen bleiben, denn die kleine Stadt hat uns verzaubert, die Grindwale und auch der Pottwal werden etwas sein was wir nie vergessen und dann dieser tolle Campingplatz mit so symphatischen Leuten, ach Tarifa, wir kommen wieder.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Petra Behrsing

    Danke für den schönen Bericht!!
    Petra

  2. Britta

    Tarifa fanden wir auch Bombe. Wollen auf jeden Fall nochmal hin für mehr als nur einen Tagestrip!

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