Dass Viana do Castelo unser letzter Stopp für das Sabbatical werden sollte, war uns bei Ankunft nicht bewusst, doch wie schon so oft, änderten sich die Dinge schnell und meistens anders als gedacht.
Aber jetzt erst mal von vorne. Die Fahrt von Porto nach Viana dauerte ca. 2h. Unser genaues Ziel war das Hotel „Feel Viana“, denn dort gab es noch einmal die Chance auf Windsurflessons und eine Wakeboardanlage. Ein Stellplatz ziemlich in der Nähe des Hotels war unser erstes Ziel. Wir ergatterten einen Platz auf einer kleinen Anhöhe mit Blick auf den Hafen und schauten uns um. Der erste Eindruck war ernüchternd und unsere Laune etwas am Tiefpunkt. Der Hafen strahlte einen Industriecharme aus und der Stellplatz war nicht wirklich eine Option für mehrere Tage, aber nun gut.
Wir blieben hier, auf jeden Fall für eine Nacht. Erstaunlich auch nach der langen Zeit, die wir nun unterwegs waren, war jedes Mal der Effekt, dass sich nach einer Nacht die Orte und Atmosphären komplett ändern konnten. Was uns anfänglich als unschön erschien, wurde sehr oft zu tollen Orten. So auch in Viana. Der Hafen wurde nach und nach zu einem Ort, den wir heute nicht missen möchten und der Strand ist einfach herrlich hier in der Ecke.
Wir erkundeten am nächsten Tag also die Umgebung, hielten Ausschau nach Möglichkeiten zum Windsurfen, machten einen Abstecher zur Wakeboardanlage und begutachteten das Hotel. Alles sehr schön und so langsam kam das Gefühl auf, hier könnten wir es vielleicht doch ein paar Tage länger aushalten. Vor allem fanden wir eine Surfschule direkt am Strand und schon kam ein Zuhause-Gefühl auf. Wenn es jetzt noch klappt mit dem Windsurfen, dann bleiben wir.
Allerdings wurde unsere Planung, die so lange immer wunderbar funktioniert hatte, so langsam sehr, sehr mühsam. Wir hatten uns ein Ziel für das Ende des Sabbaticals gesetzt. Wir wollten Mitte September in Frankreich am Mittelmeer, genauer gesagt in Leucate eine ganze Woche an einem Windsurfcamp teilnehmen. Ein letztes Mal voll eintauchen in den Sport, der uns so begeistert hatte. Für uns der perfekte Abschluss, bevor es dann wieder zurück nach Deutschland gehen würde. Doch in den letzten Tagen und Wochen zogen die Coronazahlen innerhalb Europas wieder an. Die Nachrichten aus Frankreich stimmten uns nicht optimistisch und wir fingen an, fast täglich, neue Pläne zu schmieden. Viana do Castelo wurde für uns zu einer Zerreißprobe der Nerven. Das Windsurfcamp hatte uns abgesagt, mit dem Hinweis, wir könnten nur teilnehmen, wenn wir zwei Wochen vorher bereits in Frankreich wären. Aber was, wenn wir dann in Frankreich sind und ein kompletter Lockdown das Camp verhindert? Bleiben oder fahren, wie machen wir es am besten? Täglich diese Fragen und dabei verloren wir fast aus dem Blick, dass es dort wo wir gerade waren, sehr, sehr schön war und es keinen Grund gab für schlechte Laune. Einfacher gesagt als getan. Man könnte meinen wir erkannten den Luxus nicht, das immer noch gute 6 Wochen vor uns lagen, bevor wir planmäßig wieder in Deutschland sein wollten. Doch vielleicht kann das nur jemand verstehen der eine ähnlich lange Zeit gereist ist. Denn in den vergangenen Monaten war Zeit überhaupt kein Thema und plötzlich, gemeinsam mit eingeschränktem Reisen unter Corona, war sie aktueller als wir sie haben wollten.
Unser erster Plan war, wir gönnen uns jetzt hier ein paar Tage einen Bungalow in der Hotelanlage.
Mit Frühstück und Fitnessraum und kurz Zeit nehmen zu denken. Wir blieben drei Nächte dort und genossen den Luxus in vollen Zügen. Doch kaum waren die Tage vorbei, fingen die Gedanken an das „Wie weiter?“ schon wieder an. Mittlerweile gab es von den Veranstaltern des Camps die Info, ohne Stop im Risikogebiet Spanien könnt ihr auch kurzfristig kommen. Okay, das war doch was, dann können wir noch warten und die Zeit hier genießen. Kaum hatten wir uns dafür entschieden, die nächsten Nachrichten. Frankreich mittlerweile komplettes Risikogebiet, zumindest im gesamten Süden. Wieder Planänderung!!! Wir bleiben hier…aber wie lange noch? Und haben wir hier nicht schon alles ausgekostet? Also hieß es erstmal mit dem „Dicken“ vom Parkplatz des Hotels ein paar Hundert Meter weiter zum Stellplatz vom Anfang. Noch eine Nacht hier und dann schauen.
Wir können Euch sagen, an dieser Stelle wurde es wirklich zäh und wir waren dem vorzeitigen Abbruch des Sabbaticals sehr nah.
Dann eine neue Idee. Ganz in der Nähe sollte es auch noch einen Campingplatz geben, damit wir wenigstens wieder Strom, Dusche und Toiletten zur Verfügung hätten. Wir fuhren dorthin. Absurderweise wieder nur ein paar hundert Meter in diesem Umkreis.
Was sollen wir sagen, wir landeten für weitere zwei Wochen genau auf diesem Platz.
Der Abschied vom Windsurfen in Frankreich fiel uns sehr schwer, doch hier fühlten wir uns auch wohl, wir hörten die Brandung die direkt hinter der Düne an Land kam und wir waren erneut unter Surfern, weniger Windsurfer, aber dennoch eine schöne Atmosphäre die uns aufnahm.
Der Stellplatz, das Hotel mit dem Bungalow und der Campingplatz lagen nur wenige Meter auseinander. So haben wir dort die verschiedensten Arten des Reisen in unserem Roadtrip an einem Ort erlebt. Alle Plätze verbunden durch einen breiten und langen Sandstrand, gesäumt von Dünen, Wassersportler von morgens bis abends, soweit man schauen konnte.
Jetzt sollte es auch für uns noch einmal aufs Board gehen. Wir hatten auf dem Weg zum Strand einfach einen Windsurflehrer angequatscht und einen Termin ausgemacht. Vielleicht, aber nur ganz vielleicht, hatte man uns auf Grund unserer Ankündigung, den Grundkurs in Windsurfen in Tarifa gemacht zu haben, etwas professioneller eingeschätzt als wir waren. Es hieß auf einmal, wir nehmen nur ein Board und Segel mit und ihr übt abwechselnd den so genannten Beachstart.
Beachstart ist nicht wirklich etwas für absolute Anfänger und wir waren etwas verunsichert, ob wir vielleicht zu vorlaut dahergeredet hatten. Eigentlich wollten wir doch nur noch mal schauen wieviel wir aus Tarifa noch umsetzen konnten. Der Trainer war kurz konsterniert, kannte er doch genug Leute die sich überschätzten. Doch hej, wir wären ja nicht wir, wenn wir nicht gemeinsam die Kurve gekriegt hätten. Joao und wir gaben alles und nach dem 3. Versuch klappte es. Auch Joao war jetzt guter Dinge er rief kurzerhand die Weltmeisterschaft im Beachstart aus. Wer zuerst 10 erfolgreiche Versuche hatte, war die neue Weltmeisterin. Es ging 10 zu 7 aus, wir haben gelacht, gekämpft und waren erfolgreich. Was für eine tolle, ganz anders als geplante, Windsurflesson. Wir waren sofort wieder Feuer und Flamme. Am nächsten Tag ging es direkt wieder los und dieses Mal sollte es noch besser werden. Wir bekamen jeder Equipment, Joao ging mit aufs Wasser und wir surften, also so richtig, mit Wende und Halse, eineinhalb Stunden lang. Jede von uns ging nur einmal vom Board, voller Stolz trabten wir in unseren Neoprenanzügen zurück zum Dicken! Wie so richtige Pros. 🙂
Wie schon in den letzten Wochen festgestellt, waren wir an dem Punkt an dem wir mehr die Zeit vor Ort genossen als noch ganz große Ausflüge zu planen, gäbe es noch so tolle Dinge zu sehen, für uns war es auf dieser Reise nicht mehr dran. Einen kleinen Ausflug haben wir doch noch gemacht. Wir sind nach Guimarães gefahren. Eine Empfehlung aus unserem Reiseführer und tatsächlich ein wirklich zauberhafter Ort. Wir schlenderten durch die kleinen Gassen, besichtigten den Palast und das Castello und aßen zum Abschluß unter vielen Portugiesen noch einen Snack. Dann hieß es, mit dem Dicken durch kleine Dörfer und schmale Gassen, durch eine wunderschöne Landschaft, zurück auf den Campingplatz.
Der Tag des Abschieds näherte sich und in unseren Herzen war uns klar, Sonne, Strand und Meer war es dann erstmal für die nächsten Monate, als hätten wir geahnt das uns in Deutschland dann die Bitte auf Inlandsreisen zu verzichten für die nächsten Monate an Hamburg binden würde. Wir wurden ruhiger und nahmen Abschied von einer unfassbaren Reise.